Verhalten bei Autismus besser verstehen
Es gibt diese Momente, in denen Du mit Deinem Kind unterwegs bist – vielleicht im Supermarkt, vielleicht bei einem Familienbesuch – und plötzlich verändert sich die Atmosphäre schlagartig. Dein Kind beginnt zu schreien, wirft sich vielleicht auf den Boden, wirkt panisch oder vollkommen unnahbar. Was außenstehende Menschen dann oft als „Fehlverhalten“ interpretieren, ist für Dich als Mutter oder Vater etwas ganz anderes: Es ist Ausdruck eines inneren Ausnahmezustands. Und genau hier liegt die große Herausforderung – aber auch die tiefe Chance: Jedes Verhalten bei Autismus ist eine Form von Kommunikation. Nicht immer direkt, nicht immer leicht zu deuten – doch immer voller Bedeutung.
Viele Eltern erleben gerade aggressives Verhalten als einen der belastendsten Aspekte im Alltag mit ihrem autistischen Kind. Und oft ist das der Moment, in dem sie sich ohnmächtig fühlen – weil sie spüren: „Ich komme einfach nicht mehr durch.“ Doch genau da liegt der Schlüssel: Wenn Du beginnst, Verhalten bei Autismus nicht als „Problem“, sondern als Ausdruck eines inneren Bedürfnisses zu sehen, kann sich alles verändern.
Warum Verhalten bei Autismus oft missverstanden wird
Viele Eltern – gerade zu Beginn ihrer Reise – erleben eine tiefe Verunsicherung, weil sie in herausfordernden Situationen oft keine klare Erklärung finden. Warum wird mein Kind wütend, obwohl eben noch alles in Ordnung schien? Warum reagiert es so heftig auf scheinbar kleine Veränderungen? Warum zieht es sich plötzlich zurück?
Die Antwort darauf liegt nicht in klassischen Erziehungsratgebern. Sie liegt im Perspektivwechsel. Denn autistische Kinder senden ihre Signale nicht immer über Sprache oder Mimik. Ihre Welt ist oft von intensiven Sinneseindrücken geprägt, von inneren Abläufen, die wir nicht immer nachvollziehen können – und genau deshalb wirkt ihr Verhalten manchmal unverständlich oder sogar widersprüchlich.
Doch wenn wir beginnen, diese Verhaltensweisen als „Sprache der Bedürfnisse“ zu begreifen, verändert sich unser gesamter Umgang.
Vom „Warum tut es das?“ zum „Was braucht mein Kind jetzt wirklich?“
Es ist ein tiefgreifender Wandel, wenn Du als Mutter oder Vater beginnst, Verhalten nicht mehr zu bewerten oder zu kontrollieren, sondern als Wegweiser zu nutzen. Denn hinter jedem „auffälligen“ Verhalten steht ein Kind, das etwas mitteilen möchte – sei es Überforderung, Angst, Schmerz, ein Bedürfnis nach Rückzug oder schlicht ein Wunsch nach Sicherheit.
Verhalten | Was dahinterstecken kann |
---|---|
Plötzliches Schreien | Reizüberflutung, z. B. durch Geräusche, Gerüche oder Licht |
Körperliche Aggression | Unfähigkeit, Gefühle wie Wut oder Angst sprachlich auszudrücken |
Rückzug oder Erstarren | Überforderung, sozialer Druck, emotionale Erschöpfung |
Wiederholende Bewegungen | Selbstregulation, Sicherheit durch Rhythmus |
Meltdowns bei Routineveränderung | Kontrollverlust, Angst vor Unvorhersehbarkeit |
7 tiefgehende Wege, um Verhalten bei Autismus wirklich zu verstehen
Beobachte mit dem Herzen – nicht nur mit den Augen
Versuche, in schwierigen Momenten innerlich ruhig zu bleiben und wahrzunehmen, was passiert – nicht nur, dass etwas passiert. Welche Situation ging dem Verhalten voraus? Wer war anwesend? Gab es einen Geräuschpegel, Gerüche, Lichteinflüsse?
Nutze ein Verhaltensjournal
Ein einfaches Notizbuch mit Datum, Uhrzeit, Ort, Verhalten und Deiner Einschätzung kann wahre Aha-Momente bringen. So erkennst Du wiederkehrende Muster und kannst Zusammenhänge viel klarer erfassen.
Schaffe eine Umgebung der Vorhersehbarkeit
Kinder mit Autismus finden Halt in Strukturen. Klare Abläufe, visuelle Tagespläne oder einfache Rituale können helfen, innere Sicherheit zu gewinnen und Reizüberflutungen zu reduzieren.
Formuliere Alternativen statt Verbote
Wenn Du Deinem Kind statt „Hör auf damit!“ sagst: „Du brauchst Bewegung – komm, wir schütteln uns mal richtig durch!“, dann führst Du es liebevoll aus der Überforderung zurück in die Verbindung.
Gib dem Verhalten Worte
Wenn Du sagst: „Du bist gerade wütend, stimmt’s?“, hilfst Du Deinem Kind, sich selbst zu verstehen – und das ist ein großer Schritt in Richtung Selbstregulation.
Achte auf Dich selbst – Du bist der sichere Hafen
Wenn Du geerdet bleibst, vermittelst Du Deinem Kind das Gefühl: „Hier ist jemand, der mich hält, auch wenn ich mich selbst gerade nicht halten kann.“
Verändere Deinen inneren Dialog
Ein Kind, das sich verweigert, ist kein Kind, das Dich herausfordert – sondern eins, das sich nicht verstanden fühlt. Und wenn Du das erkennst, beginnst Du, nicht nur Verhalten zu verändern, sondern Beziehung zu heilen.
Wenn Dein Kind Dinge wirft oder wegläuft – was wirklich dahintersteckt
Dinge werfen, etwas zerstören oder fliehen – all das sind keine Zeichen von Trotz oder Provokation. Es sind Ausdrucksformen einer tiefen Überforderung. Wenn Dein Kind in diesen Zustand gerät, übernimmt das Nervensystem: Kampf oder Flucht. Und in diesem Moment braucht Dein Kind keine Ermahnung – sondern Orientierung. Schutz. Halt.
So kannst Du helfen:
– Räume Gefahrenquellen weg, schaffe einen sicheren Raum.
– Sprich ruhig, leise, und wiederhole: „Ich bin da. Du bist sicher.“
– Verzichte auf Berührung, wenn Dein Kind es nicht möchte.
– Bleib präsent – wie ein Fels in der Brandung.
– Wenn die Welle abebbt, sprich über das Erlebte. Ohne Vorwurf, ohne Strafe.
Visualisierte Notfall-Übung: Die 60-Sekunden-Insel
Diese Übung hilft Dir, in akuten Eskalationen ruhig zu bleiben. Du kannst sie täglich kurz visualisieren, damit sie im Ernstfall automatisch wirkt.
Setze Dich hin. Schließe die Augen. Stell Dir vor, Du bist auf einer Insel – umgeben von Ruhe. Der Sturm tobt, aber Du bist geschützt. Spüre den Boden. Atme tief ein. Und dann: „Ich bleibe in meiner Mitte. Ich bin sicher. Ich bin der ruhige Anker.“ Wenn Du magst verbinde das ganze mit einer Körperbewegung wie Daumen und Zeigefinger berühren.
Wenn Dein Kind ausrastet:
Atme. Führe die Bewegung aus (Daumen und Zeigefinger berühren). Visualisiere. Bleibe zentriert. Sprich innerlich Deinen Satz.
So schenkst Du nicht nur Deinem Kind Halt – sondern auch Dir selbst.
FAQs
Was unterscheidet ein Meltdown von einem Wutanfall?
Ein Meltdown ist ein Zustand der Überforderung, den das Kind nicht steuern kann. Ein Wutanfall hingegen ist oft gezielt, um etwas zu erreichen. Mehr dazu in meinem Beitrag: Meltdown oder Wutanfall
Warum zeigt mein Kind immer wieder dasselbe Verhalten?
Wiederholungen geben Sicherheit und helfen beim Verarbeiten von Stress. Es ist ein Versuch zur Selbstregulation.
Wie erkenne ich emotionale Trigger?
Beobachte Situationen genau: Was war vorher? Gibt es Muster? Lärm, Licht, Nähe? Oft steckt Reizüberflutung dahinter.
Was hilft bei einem akuten Meltdown?
Ruhe bewahren, Reize reduzieren, leise bleiben. Keine Fragen stellen, einfach präsent sein.
Wie begleite ich mein Kind, ohne es zu überfordern?
Indem Du Struktur gibst, aber mitfühlend bleibst. Orientierung statt Druck.
Was, wenn ich selbst keine Kraft mehr habe?
Das ist kein Versagen. Es ist ein Zeichen dafür, dass Du Unterstützung brauchst – und verdienst.
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